Auf der Kippe, Landesgesundheitsrat macht Front gegen Aufweichung des Rauchverbots
Süddeutsche Zeitung vom 4./5. Juli 2009
Nun macht auch der Landesgesundheitsrat Front gegen die geplante Aufweichung des Rauchverbots in Bayern, Am Montag verabschiedet das Gremium eine Resolution, in der nicht nur die Beibehaltung des strikten Nichtraucherschutzes in allen Gaststätten, Diskotheken und öffentlichen Gebäuden verlangt wird. Der Landesgesundheitsrat fordert auch, die rechtlichen Schlupflöcher für Raucherclubs zu schließen. Damit liegt er ganz auf der Linie des Volksbegehrens "Leben und Leben lassen - für echten Nichtraucherschutz", mit dem die ÖDP und mehrere Nichtraucherinitiativen die Staatsregierung zwingen wollen, von ihren Lockerungsplänen abzulassen.
Die Resolution ist für die schwarzgelbe Regierungskoalition gleich in mehrfacher Hinsicht pikant.
Ist der Landesgesundheitsrat, der sich da so strikt gegen ihre Pläne stellt, doch ein höchstoffizielles Gremium mit dem gesetzlichen Auftrag, Landtag und Staatsregierung" in allen Fragen des Gesundheitswesens" zu beraten und so "zur Entscheidungsfindung über gesundheitliche Themen in Bayern" beizutragen.
Mit seinen 30 Mitgliedern ist er zugleich die geballte Macht des Gesundheitswesens. Denn außer, zehn Landtagsabgeordneten gehören ihm sämtliche einschlägigen Verbände und Organisationen an - von der Landesärztekammer und den Apothekern über die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen, der Krankenhausgesellschaft und der Rentenversicherung bis hin zu Wohlfahrtsverbänden, Heilpraktikern und den medizinischen Fakultäten der Universitäten.
Vorsitzender ist der streitbare CSU-Landtagsabgeordnete und Mediziner Thomas Zimmermann, der sich bereits in den ersten Beratungen des neuen bayerischen Gesundheitsschutzgesetzes mit seiner Fraktion angelegt hat und keinen Hehl daraus macht, dass er es für Unfug hält.
Bei der ÖDP ist man höchst erfreut über die Initiative. "Die Resolution hilft uns sehr", sagt Sebastian Frankenberger vom ÖDP-Landesvorstand," sie zeigt einmal mehr, wie sehr sämtliche Fachleute für strikten Nichtraucherschutz sind." Derweil unterstützen bereits 50 000 Bürger das Nichtraucher-Volksbegehren. Damit hat die ÖDP die erste Hürde - die Zulassung des Volksbegehrens - locker geschafft. Die dazu nötigen 20 000 Unterschriften hat sie längst beisammen, "Aber wir reichen sie erst ein, wenn die Lockerung des Rauchverbots definitiv beschlossen ist", sagt Frankenberger. Das geschieht voraussichtlich Mitte Juli.
Die zweite, ungleich höhere Hürde für das Volksbegehren steht der Initiative voraussichtlich in der zweiten Oktoberhälfte bevor. Binnen zwei Wochen müssen sich dann zehn Prozent der Wahlberechtigten, also ungefähr 920 000 Wähler, per Unterschrift für das Volksbegehren aussprechen, damit es zur Abstimmung kommt. Doch nach dem bisherigen Zulauf ist Frankenberger optimistisch, auch dies zu schaffen. "Denn die Initiative des Landesgesundheitsrats zeigt auch", so sagt er, "dass unsere Forderung von der großen Mehrheit geteilt wird."
Christian Sebald
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