Rauchfrei sind vor allem die Restaurants, wie der Ärztliche Arbeitskreis bei einer Erhebung in mehr als 1.100 der rund 3.800 Münchner Gaststätten festgestellt hat. Dagegen sind die Chancen, eine rauchfreie Kneipe, Diskothek oder Spielothek zu finden, verschwindend gering. Das Gleiche gilt für die Volksfestzelte. „Die Bürgerinnen und Bürger in Bayern haben beim Volksentscheid am kommenden Sonntag die einmalige Gelegenheit, für die Freiheit zur Wahl einer rauchfreien Gaststätte zu stimmen“, so Wiebel.
Die Vertreter der Tabak- und Wirtelobby, die sich im so genannten Aktionsbündnis für Freiheit und Toleranz zusammen gefunden haben, behaupten in ihrer Kampagne, dass Bayern keinen umfassenden Nichtraucherschutz in der Gastronomie brauche. Schließlich werde jetzt schon in 9 von 10 Gaststätten nicht mehr geraucht. Sie stützen sich dabei auf die Angabe des Kreisverwaltungsreferates (KVR), dass es zum Jahreswechsel 2009/2010 in München 7.831 Gastronomiebetriebe gegeben habe, von denen lediglich 841, d.h. 10,7 %, ganz oder teilweise als Rauchergaststätten geführt wurden.
Eine repräsentative Erhebung des ÄARG an mehr als 1.000 Gaststätten schafft nun Klarheit über den wirklichen Stand des Nichtraucherschutzes in der Münchner Gastronomie. Bei der Erhebung wurden große Stadtbereiche flächendeckend Straße um Straße nach Gaststätten abgesucht. Von den erfassten 1.122 Gaststätten wurde in 319, d.h. im Durchschnitt in 28%, geraucht. Auffällig sind dabei die großen Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtbereichen. Zum Beispiel betrug der Anteil der verrauchten Gaststätten in Haidhausen nur 9%, in Milbertshofen/Hasenbergl dagegen 53%. Im Stadtkern wird nur in 15 % der Gaststätten geraucht. „Offensichtlich stellen sich die Wirte damit auf die Touristen ein. Ein JA zum Volksentscheid wird also auch dem Tourismus gut tun“, so Friedrich Wiebel. In einem Punkt allerdings stimmen die Zahlen aus den unterschiedlichen Teilen der Stadt überein: Es gibt kaum Kneipen, in denen man rauchfrei ein Bier trinken kann.
Für den Gegensatz zwischen den heute vorgestellten Untersuchungsergebnissen und den Angaben des Kreisverwaltungsreferats scheint es eine einfache Erklärung zu geben. Auf Anfrage des Aktionsbündnisses Nichtrauchen teilte das KVR mit, dass seine Gastronomie-Statistik auch den Getränkeausschank in Altenheimen, Kinos, Krankenhäusern, Reisebüros, Wettannahmestellen, Schwimmbädern und anderen „gastronomischen Varianten“ erfasst. Wie hoch der Anteil dieser vermeintlichen Gaststätten in der KVR-Statistik ist, wusste das Amt nicht zu sagen. Eine Vorstellung davon geben die Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Danach beträgt die Zahl der Münchner Betriebe im Gastgewerbe, einschließlich der Hotels, Kantinen und Cateringfirmen, nur 3.830. Unter diesen befinden sich 499 Betriebe der getränkegeprägten Gastronomie und 2.432 Betriebe der speisengeprägten Gastronomie. Diese Zahlen decken sich weitgehend mit den Befunden des ÄARG.
Laut Umsatzsteuerstatistik für das Jahr 2008 ist der Anteil der getränkegeprägten Gaststätten im übrigen Bayern deutlich höher als in München. Deshalb muss man davon ausgehen, dass auch der Anteil der verrauchten Gaststätten im Landesdurchschnitt höher ist als in der Landeshauptstadt.
Bis heute hat das Münchner Kreisverwaltungsreferat nichts unternommen, um die irreführende Verwendung seiner Daten durch die Tabaklobby richtig zu stellen. „Es ist bedauerlich, dass die Behörde den Gegnern des Volksbegehrens mit seiner Informationspolitik derartigen Vorschub leistet.“ sagt Wiebel, „Das Amt sollte den Sachverhalt schnellstens klären.“ |